Bericht aus der NZZ über Hunde in Korea

Südkoreas Hunde landen immer seltener auf dem Teller, dafür häufiger auf dem Schoss 

Südkorea hat eine kommerzielle Hundefleischindustrie, die jährlich Hunderttausende von Tieren für den Verzehr produziert. Doch die Sitten ändern sich, und immer mehr Züchter steigen aus dem serbelnden Geschäft aus. Zum Teil mit der Hilfe von Tierschützern. 
 
Es ist ein sonniger, aber klirrend kalter Februartag im südkoreanischen Landkreis Hongseong, zweieinhalb Autostunden südlich der Hauptstadt Seoul. Wie jeden Morgen seit acht Jahren beginnt Lee Sang Gu seine immer gleiche Routine: Mit Daunenjacke und russischer Fellmütze gegen die Minusgrade gewappnet, schiebt der 61-Jährige eine mit brauner Grütze gefüllte Schubkarre durch die schlammigen Pfade seines Zuchtbetriebs. Links und rechts stehen Dutzende von Gitterkäfigen. In ihnen bellen unzählige Hunde um die Aufmerksamkeit des Landwirts – von Chihuahuas über Pudel und Malteser bis zu Terriern. Käfig für Käfig füttert Herr Lee die rund 200 Tiere. In der Luft hängt ein beissender Gestank. 

Tierhandlung oder Schlächter 

«Einige der Welpen gehen an umliegende Tierhandlungen, den Rest verkaufe ich an Schlächter – je nach Nachfrage», erklärt Lee sein Geschäftsmodell, während er sich bei einer Arbeitspause am Holzofen wärmt. Sein Rücken ist von der jahrzehntelangen Arbeit gekrümmt, die Wangen sind eingefallen. Das Leben sei häufig schwierig gewesen; zunächst habe er eine Schweinefarm betrieben, sei jedoch schon bald pleitegegangen. Es folgten Jahre voller Gelegenheitsjobs und Arbeitsbeschaffungsmassnahmen. «Schliesslich riet mir ein Jugendfreund, eine Hundezucht aufzumachen», sagt er nüchtern, «viele andere Perspektiven hatte ich ohnehin nicht.»
Auf der koreanischen Halbinsel ist Hundefleisch seit langem verbreitet, hier wird in einem nordkoreanischen Restaurant als «Dan go gi» aufgetischt. In Südkorea geht der Konsum zurück. 
Bis zu 17 000 solcher Hundezüchter soll es in Südkorea geben, schätzt die Tierschutzorganisation Humane Society International mit Sitz in Washington. Damit ist Südkorea das einzige Land der Welt mit einer kommerziellen Hundefleischindustrie. Noch immer werden hier fast zwei Millionen Hunde pro Jahr verzehrt. In einer feurig scharfen Suppe serviert, soll es Männern als Potenzmittel dienen und gegen die feuchte Sommerhitze helfen. 
Konservative Hüter der über zweitausend Jahre alten Tradition berufen sich auf Konfuzius, der in seiner Lehre bereits die Tierart in Jagd-, Wach und Zuchthunde eingeteilt hat. Zudem umweht die koreanische Hundefleischsuppe eine nostalgische Aura: Viele koreanische Senioren fühlen sich an die entbehrungsreiche Nachkriegszeit erinnert, als Hundefleisch oftmals die einzig verfügbare Proteinquelle darstellte. Dennoch verschwindet das koreanische Leibgericht allmählich von den Speisekarten des Landes. Der Hundezüchter Lee sagt, er erhalte im Schnitt nur mehr 120 000 Won (rund 110 Franken) pro verkauften Hund – halb so viel wie vor acht Jahren: «Als ich damals meinen Betrieb aufmachte, ass die Jugend bereits kein Hundefleisch mehr. Doch mittlerweile essen es ja nicht mal mehr die Alten.» 

Die Jugend will kein Hundefleisch 

Ein Streifzug durch die Seouler Innenstadt bestätigt den Befund des Hundezüchters: Die gläsernen Bürotürme im Rathausviertel bieten alle kulinarischen Optionen, die sich auch in Tokio, Sydney oder Zürich finden lassen. Im Schatten der Wolkenkratzer haben sich aber kleine Hütten erhalten, in denen ältere Ehepaare Kimchi-Suppen und grillierten Fisch anbieten. Sämtliche Hundefleisch-Restaurants haben in dem Viertel, das auch von vielen ausländischen Touristen frequentiert wird, in den letzten Jahren dichtgemacht. Wer Hund essen will, muss ein paar U-Bahn-Stationen weiter fahren. 

Haustiere, vor allem Hunde, werden immer populärer

mittlerweile geben Südkoreanerinnen und -koreaner 3,4 Milliarden Franken pro Jahr für Haustiere aus. Hier lässt sich eine Frau in Seoul mit ihrem Hund fotografieren. 

........ alle meine Freunde würde ich nie im Leben Hundefleisch essen», sagt die 21-jährige Studentin Kang Na Kyeong, die derzeit ein Praktikum im Stadtzentrum absolviert. Als Kind habe sie das Gericht zwar schon mal probiert, jedoch nur, um ihrem Grossvater einen Gefallen zu tun. «In den Fernsehshows werden in letzter Zeit immer wieder Prominente gezeigt, die einen Hund aus einem Tierheim adoptieren», sagt sie. 

 

Dass die Vierbeiner immer noch auf dem Esstisch landen, ist für die Südkoreanerin eine absurde Vorstellung.

Die Studentin ist mit ihrer Meinung nicht allein. Laut einer Umfrage der Nichtregierungsorganisation Last Chance for Animals ziehen 80 Prozent aller befragten Koreaner nicht in Erwägung, Hundefleisch zu essen. Nur 1,2 Prozent konsumieren es mindestens einmal im Monat. Hingegen geben die Koreanerinnen und Koreaner immer mehr Geld für Haustiere aus: 2017 waren es umgerechnet 3,4 Milliarden Franken, Tendenz weiter steigend. Das Gros der Haustiere sind Hunde. 

 

Südkoreas «First Dog» Tory wurde aus einem Zuchtbetrieb gerettet. Sein Herrchen ist Präsident Moon Jae I   


Südkoreas amtierender Präsident Moon Jae In treibt diesen gesellschaftlichen Wandel aktiv voran: Während des Wahlkampfs 2017 nahm er als einziger Kandidat Tierschutzthemen in sein Programm auf. Jedoch wolle er die Hundefleischindustrie nicht vollständig verbieten, sondern allmählich auslaufen lassen, sagte er damals. Zwei Monate nach seinem Amtsantritt adoptierte der Politiker einen vier Jahre alten Mischling namens Tory, der nur kurz zuvor von einer Tierschutzorganisation aus einem Zuchtbetrieb gerettet worden war. Auf Druck von Tierschützern schloss die Regierung auch den sogenannten Taepyeong-dong-Komplex ausserhalb Seouls, den grössten Hundeschlachtbetrieb des Landes. 

 

Der Gyeongdong-Markt im Nordosten der Hauptstadt war noch vor kurzem ebenfalls ein Hauptumschlagplatz für Hundefleisch-Konsumenten. Auch das ändert sich. Auf einer Fläche von einem halben Dutzend Fussballfeldern bieten alte Frauen unter regenbogenfarbenen Sonnenschirmen weiterhin traditionelle Heilkräuter, Berggemüse und Chilischoten an. Metzgereien für Hundefleisch gibt es jedoch nur noch zwei. 
Der 72-jährige Kim Dae Won, ein jovialer Mann in schwarzer Lederjacke, besucht den Gyeongdong-Markt bereits seit seiner Kindheit. Er sah den Wandel Südkoreas mit eigenen Augen – von der bitterarmen Nachkriegszeit über die Wirtschaftswunderjahre unter den Militärregierungen bis hin zur demokratischen Hightech-Nation. Genau wie das Land hat sich auch die Einstellung der Leute verändert: «Früher war der Markt hier voller Händler, die Hunde in Käfigen verkauft haben. Heute denkt man, dass das Essen von Hunden eine barbarische Tradition sei», sagt er. Der Wendepunkt, sagt Kim, seien die Olympischen Spiele 1988 in Seoul gewesen: Damals hätten Tierschützer, allen voran die französische Schauspielerin Brigitte Bardot, öffentlichen Druck ausgeübt. 
Im vergangenen Jahr versuchten Aktivisten die mediale Aufmerksamkeit im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang erneut für das Thema zu nutzen. Die Lokalregierung von Gangwon, wo die Spiele stattfanden, bat damals vierzig Hundefleisch-Restaurants im Umfeld der Austragungsorte, ihre Speisekarten für die Zeit der Spiele zu ändern. 

Ausstieg mit der Hilfe von Tierschützern 

Hundezüchter Lee in Hongseong spielte bereits monatelang mit dem Gedanken, seinen Betrieb zu schliessen. Der Profit habe kaum mehr zum Leben gereicht, sagt er. Zudem beschwerten sich die Nachbarn wegen des ständigen Gebells. Doch um aussteigen zu können, brauchte er Hilfe. Diese fand er ausgerechnet bei einer Tierschutzorganisation. Humane Society International bietet Hundezüchtern finanzielle Anreize, wenn diese sich in einem Vertrag dazu verpflichten, die Tierzucht zu beenden. 

Hundezüchter Lee Lee Sang Gu überlegte sich schon länger, auszusteigen. Das Geschäft mit Hundefleisch läuft schlecht.  

Um Lees Betrieb zu schliessen, fliegen ein halbes Dutzend Aktivisten aus den Vereinigten Staaten ein. In Transportboxen werden die Hunde von der Farm zum internationalen Flughafen Incheon verfrachtet. Von dort werden sie nach Montreal ausgeflogen, um schliesslich im Grossraum Chicago in mehreren Tierheimen platziert zu werden. Laut den Tierschützern haben die Tiere dort gute Chancen, innert weniger Wochen einen Besitzer zu finden und ein würdiges Hundeleben zu führen.

Lees Zuchtbetrieb ist bereits der vierzehnte, den die Tierschützer in Südkorea schliessen. Insgesamt 1300 Hunde haben so seit 2015 den Weg in die Freiheit gefunden. Doch die logistisch aufwendigen Schliessungen sind mit Kosten von rund 100 000 Dollar extrem teuer. Die mediale Aufmerksamkeit, die sie generieren, zeigten jedoch Wirkung. «Wir sind überglücklich mit dem, was wir in den letzten Monaten erreicht haben», sagt die Aktivistin Kelly O’Meara: «Die gesellschaftlichen Veränderungen in Südkorea gehen viel schneller vonstatten, als wir es uns vorgestellt haben.»
Glück gehabt: Dieser Hund wird von der Farm des Züchters Lee von Tierschützern abtransportiert. Er wird in den Vereinigten Staaten zur Adoption freigegeben. (Bild: Thomas Maresca) 


Der ehemalige Hundezüchter Lee blickt mit gemischten Gefühlen auf seine Zukunft. «Ich könnte mir vorstellen, als Pförtner in einer Wohnsiedlung zu arbeiten», sagt er, «oder vielleicht belege ich erst einmal einen Computerkurs.» Er schaut zu, wie die Tierschützer seine Tiere abtransportieren. Ein Gefühl der Leere empfinde er, sagt er. Schliesslich seien die Tiere in den letzten acht Jahren seine täglichen Begleiter gewesen. 

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Wir sind ein ehrenamtliches Team Tierschützern, das Hunden in Korea hilft. Die junge Generation in Korea sieht Hunde als Freunde. Hundefleischverzehr wird bald in Korea verboten. Wir suchen Adopttanten, Pflegestellen, Flugpaten und  Tierschutz Helfer, die uns bei unserer Arbeit helfen. Wir sammeln Spenden, um Hunden aus Korea zu helfen. Korea kann in Asien Vorreiter im Tierschutz werden, das treibt uns an.

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